szenisch

METTLACH

mit Magali Tosato

recherchebasiertes Schauspiel für sechs Personen

Uraufführung am 18. Januar 2019 am Saarländischen Staatstheater (Auftragsarbeit)

 

...

Hermann: Ich habe hier irgendwo ein Foto ... Der Pavillon war eigentlich eine Gaststätte, aber mit großzügiger Gartenanlage. Er war der Festsaal Mettlachs. 1857 von Eugen von Boch erbaut, als Treffpunkt für die Mettlacher. Und natürlich auch als V&B-Betriebsgaststätte. Ein wunderschöner Bau, wirklich: große Fensterfronten, die Fassade mit riesigen Stiftmosaikbildern geschmückt, außen wie innen alles vom Feinsten, alles Erzeugnisse aus unserer Region, und man konnte ganz wunderbar draußen sitzen, auch bis spätabends, spätnachts, der ganze Garten war mit Gaslaternen beleuchtet – ganz Mettlach hat sämtliche große Feste dort gefeiert.

Patrick: Pause. Aber – den Pavillon gibt es ja nicht mehr.

Hermann: Natürlich nicht. Wurde Heiligabend ’44 ausgebombt. Sank in Schutt und Asche.

Patrick: Aber in unserer Ausstellung geht es ja darum, Gebäude zu zeigen, die es noch gibt. Oder Straßenzüge im Vergleich damals und heute.

Hermann: Und was es nicht mehr gibt, verschwindet? Bleibt verschwunden? Bis sich niemand mehr erinnert?

...

WAS WIR ALLES KÖNNTEN 

 

liebesgeschichte für zwei personen

und einen balkon.

 

sie: ich habe nie gesagt, ich habe nie gesagt, dass mir gefällt, was du da an hast.

er: es ist ein sommerkleid.

sie: das sehe ich.

er: du bist spießig.

sie: du bist exzentrisch.

er: du hast keine ahnung. ich zieh mir ne jacke drüber, und dann könnten wir rausgehen.

sie: wir könnten rausgehen, und dann?

er: hast du vergessen, wie schön es draußen ist.

sie: ich bin lieber allein.

er: deswegen bin ich ja hier. ich hab dich gesucht, und dann hast du mich gefunden.

 

...

WAS WIR ALLES KÖNNTEN
zum weiterlesen.
was wir alles könnten.pdf
Adobe Acrobat Dokument 44.6 KB

NEUJAHR 

 

lola, emili, choppi, alaskawolf-joe, enz, das mädchen aus dem schrank

...

 

2

 

emili: ich schreib dir einen brief. ich hab kein briefpapier, deswegen reiße ich aus meinem alten matheheft alle unbeschriebenen seiten und schicke sie dir. ich weiß nicht, was ich schreiben soll. ich hoffe, dass du das verstehst. ich weiß nicht, wann mein brief bei dir ankommen wird, ich warte immer darauf, jeden tag, dass er ankommt, als würde er bei mir ankommen. du schreibst nicht zurück.

 

alaskawolf-joe: du schreibst mir einen brief. ich bekomme ihn in kleinen einzelteilen, kleinen fetzen, und frage mich, was du geschrieben hast. ich suche ein münztelefon, ich suche genug münzen, ich rufe bei dir an. es klingelt. es klingelt und keiner geht ran. wahrscheinlich bist du nicht da. vielleicht aber, vielleicht sitzt du neben dem telefon und hörst dem klingeln zu, solange, bis kein klingeln mehr da ist. 

 

...

NEUJAHR
zum weiterlesen.
neujahr.pdf
Adobe Acrobat Dokument 58.7 KB

POLNISCHE OSTSEE 

 

nils: komm, wir nehmen das auto.

mausi: und dann?

nils: dann fahren wir wohin.

mausi: wohin?

nils: na, wohin halt.

mausi: ich schreib gedichte beim autofahren.

nils: -

mausi: ich klemm den block zwischen meinen bauch und das lenkrad – ungefähr so – und dann lenk ich mit der einen hand, immer geradeaus, und mit der anderen schreib ich. ich kann mit links und mit rechts schreiben! das kann nicht jeder, das macht mich besonders. willst du mal eins hören?

nils: du kannst doch gar nicht auto fahren.

mausi: aber wenn ich könnte, wenn ich könnte, dann würde ich immer gedichte schreiben. sonst wär mir langweilig.

nelli: was macht ihr?

nils: wir schreiben gedichte.

mausi: mit rechts und mit links.

keule: was machen sie?

nelli: nichts.

mausi: aber wir nehmen das auto.

...

Polnische Ostsee
zum weiterlesen.
Polnische Ostsee.pdf
Adobe Acrobat Dokument 25.7 KB