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So viele wissen: Ich schreibe ständig über IKEA. So wurde es mir zumindest schon mal vorgeworfen. In Wirklichkeit aber schreibe ich nicht über IKEA, nur meine Figuren, sie schlafen in IKEA-Betten, stellen ihre Bücher in IKEA-Regale, essen an IKEA-Tischen, denn damit hatte schließlich schon FIGHT CLUB Recht: IKEA ist überall. Wir leben in der Zeit, in der unsere Möbel Namen haben und in der die passenden Teile fast immer alle mitgeliefert werden, und jetzt ist endlich so weit: Heute schreibe ich tatsächlich über IKEA. Denn IKEA ist meine Familie.

Berlin steht auf einem flachen Teller (FÄRGRIK TROLSK), in der Schweiz kann man nirgendwo Murmeln spielen (MULA). Auf dem Weg vom nächsten Supermarkt zu meiner Wohnung allerdings wechseln sich hoch und runter weniger ab, sondern es geht einfach nur hoch: mein Supermarkt in Atlantis, meine Wohnung auf dem Matterhorn. Deswegen soll jetzt weniger getragen (was auf die Stimmung schlägt), aber mehr gezogen werden (was Erfolgserlebnisse im Alltag schafft).

Und tatsächlich: Eine Reise mit dem Zug, die mich 4,75 CHF kostet, einen Bade-zimmerteppich, drei Messer, einen Mülleimer, eine Stehlampe, ein Bügelbrett, einen Wäscheständer, zwei Bratpfannen, fünfzig Wäscheklammern und einen Dosenöffner später sehe ich ihn endlich – meinen Hackenporschen. Die Frau mit der grauen Hochsteckfrisur und dem weiten schwarzen Pullover, die im IKEA-Restaurant DAIM-Torte und Cola vor sich zu stehen hat, aber noch nicht isst, weil sie vielleicht enttäuscht ist, dass in der Schweiz die IKEA-Gerichte keine schwedischen Namen haben, hat ihn passend zu sich in schwarz-grau auf ihren IKEA-Schiebewagen geladen. „Pardon“, sage ich, „est-ce que c’est ce chariot le vôtre ? “ „Pas encore“, sagt sie und sieht nicht so aus, als wäre ihre Bemerkung witzig gemeint, nein, der Porsche war schlicht noch nicht ihrer, weil das IKEA-Restaurant vor den Kassen gelegen war, deswegen war meine Frage unpassend und abwegig, eine Störung in ihrem DAIM-Cola-System. Ich lasse die Frau weiter ihren Tisch anstarren und finde den Schlüssel zu meinem neuen Glück ohne sie.

Ich darf den Schlüssel auch mitnehmen – für 39,95 CHF ohne IKEA-Family-Card, für 29,95 CHF mit IKEA-Family-Card. IKEA-Family-Card? Die bringe nur Vorteile mit sich, erklärt mir die Frau im orangefarbenen T-Shirt, orangefarben, weil das die Farbe der IKEA-Family-Card ist, und vielleicht auch, weil sich darauf ihr blaues Namensschild besonders gut abhebt. Sandrine. Kann man denn diese Karte auch haben, wenn man noch keine Kinder hat, nicht einmal einen Ehepartner, genau genommen also nicht so richtig eine vollwertige Familie darstellt? „Mais mademoiselle – maintenant vous êtes un membre de la famille de l’IKEA.“ Sandrine sieht mich ernst an.

Ich rolle meinen Hackenporsche für 29,95 CHF durch die Schweizer Alpen und fühle mich gleich noch ein bisschen heimischer. Schließlich habe ich jetzt auch hier Familie. IKEA ist meine Familie. Endlich.

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